Unsere Buchtipps 2019

Januar / Februar 2019

Robert Seethaler

Das Feld

 

Hanser Berlin, 240 Seiten, 22 Euro

 
 
 
 
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In seinem neuesten Roman stellt Robert Seethaler gleich 29 Leben vor.

29 verschiedene Erinnerungen werden auf oft nur 4 bis 5 Seiten aus der Retrospektive erzählt , denn alle Protagonisten sind bereits gestorben

Alle haben in der gleichen kleinen Stadt gewohnt, im fiktiven „Paulsstadt“

Manche Erinnerungen sind voller Hass, andere voller Liebe, es gibt viele Verknüpfungen untereinander. Allen ist aber eines gemeinsam, die Erinnerung
an das, was sie einmal waren, was ihr Wesen ausmachte – und das droht ihnen nun abhanden zu kommen.

Dabei sind es beileibe keine außergewöhnlichen Erlebnisse und Vorkommnisse die geschildert werden, sondern die alltäglichen leisen Momente, die aber umso intensiver erscheinen.

Die zärtliche, sanfte Berührung eines geliebten Menschen wenn der Tod nahe
ist, Hilflosigkeit und Demütigung nach einem Kampf unter Jungens, der Anblick einer geliebten Frau, die das Herz höher schlagen lässt.

Ein leises, intensives Buch, das sich mit den Sinnfragen „Was bleibt eigentlich
von einem Menschen?“, „Was wird aus seinen Erinnerungen?“ beschäftigt.

 

Susanne Preiß

 



 

März / April 2019

Celeste Ng

Kleine Feuer überall

 

Roman

DTV 2018, 384 Seiten

 

Celeste Ng zweiter Roman spielt in der amerikanischen Kleinstadt Shakercover_celeste_ng_kleine_feuer_ueberall Heights. In dieser Kleinstadt ist alles bis ins letzte Detail durchgeplant und durchgestylt; von den Häusern und Gärten über Straßenanlagen bis zu den gutbürgerlichen, wohlhabenden und anständigen Familien, die darin wohnen. Doch dann legt die jüngste Tochter der Familie Richardson in allen Schlafzimmern des Elternhauses Feuer – und verschwindet spurlos.

Warum Izzy so gehandelt hat, erschließt sich dem Leser, als die so perfekte Fassade und Scheinidylle der Familie immer mehr zu bröckeln beginnt.
Als die Mutter der sechsköpfigen Familie ein kleines Mietshaus aus reiner Herzensgüte an eine alleinerziehende Mutter mit heranwachsender Tochter vermietet, erwartet sie selbstverständlich Dankbarkeit und Demut.

Doch im Laufe der Geschichte verknüpfen sich die Schicksale und Leben der beiden ungleichen Familien immer weiter. So gewinnt die Tochter Pearl in den Kindern der Familie neue Freunde, diese jedoch fühlen sich sehr zu Pearls Mutter Mia hingezogen, zumal diese auch noch auf Drängen von Mrs. Richardson als Hausangestellte bei ihr arbeitet und so viel Zeit im Haus der Richardsons verbringt. Doch dann verstößt Mia gegen die Konventionen dieses kleinen Mikrokosmos und bringt damit alles in Wanken.

Wohlgehütete Geheimnisse werden gnadenlos ans Tageslicht gezerrt, die zwischenmenschliche Tragik wird feinsinnig entworfen, analysiert und lebensnah dargestellt. Der permanente Wechsel der Erzählperspektive erzeugt eine durchgehende Spannung. Das ständige Aufdecken neuer Schichten und Geheimnisse bringt überraschende Charakterzüge zutage. Die Geschichte entwickelt sich langsam, packt den Leser aber dann mit aller Macht.

 

Susanne Preiß

 



 

Mai / Juni 2019

Claudia Klütsch, Dirk Höner

Von einem kleinen ZETTEL, der in einem HERRENHEMD um die halbe WELT reiste und unser LEBEN für immer veränderte

 

Eine wahre Freundschaftsgeschichte

blanvalet 2018, 255 Seiten

 

cover_claudia_kluetsch_dirk_hoemer_von_einem_kleinen_zettel_der_in_einem_herrenhemd_um_die_halbe_welt_reiste_und-unser_leben_für_immer veraenderteEin kleiner handgeschriebener Zettel in einem neu gekauften Oberhemd, mit der Bitte um finanzielle Unterstützung, voll Vertrauen auf Hilfe, lässt Claudia Klütsch und ihre Familie aus Wesseling nicht mehr los.

Allen Zweifeln zum Trotz sendet Claudia Klütsch eine kleine Geldsumme.
Es entwickelt sich ein steter Briefwechsel mit Gazi, einem jungen Arbeiter in einer Kleidungsfabrik in Bangladesh. Mit Dirk Höner, einem Reporter von
Stern TV, reisen Claudia und ihr Mann Martin 2006 schließlich tatsächlich
nach Bangladesh, lernen Gazi und seine Frau Raija sowie seine Familie kennen und sind fasziniert von den Eindrücken einer bislang fremden Welt
und Kultur.

In den folgenden 12 Jahren unterstützt das Ehepaar Gazis Familie weiterhin mit einer monatlichen Finanzspritze. 2018 reisen sie erneut nach Bangladesh, wieder in Begleitung von Dirk Höner und erleben dort den bescheidenen aber relativen Wohlstand zu dem sie Gazis Familie verholfen haben.

Claudia Klütsch setzt sich durchaus kritisch mit den unmenschlichen ausbeuterischen Strukturen der Textilbranche auseinander und vermag es wachzurütteln. Sie bietet keine Patentlösung an, die es auch nicht gibt, hinterfragt aber durchaus unser Konsumverhalten.

Ein sehr persönlicher Roman über eine sehr beglückende, wen auch mitunter schwierige Freundschaft aus zwei völlig verschiedenen Kulturkreisen.

 

Susanne Preiß

 



 

Juli / August 2019

Nadine Sieger

Coco Chanel

 

Paris der 1920er und das bewegte Leben einer Modeikone

Herder Verlag 2018, 272 Seiten

 

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„Mode ist vergänglich, Stil niemals“ – diese Worte von Coco Chanel sind der beste Beweis für das beeindruckende Leben und Werk einer Modeikone.

Aus ärmlichen Verhältnissen stammend mit einer gehörigen Portion Mut, Selbstbewusstsein, Zielstrebigkeit, einem enormen Einfallsreichtum, und nicht zuletzt mit dem richtigen Geschmack arbeitete sich Coco Chanel an die Spitze der Modewelt und schaffte ein Weltimperium.

Sie schaffte es, Mode für Frauen auf das Wesentliche zu reduzieren. Gradlinige, schnörkellose und elegante Schnitte entsprangen ihren Entwürfen.

Nadine Sieger portraitiert nicht nur eine bemerkenswerte Frau, sondern lässt auch das Flair der wichtigsten Modeepoche aufleben, erzählt die Geschichte
vom Aufbau und Werdegang des Hauses Chanel.

Schon zu ihren Lebzeiten ist Coco Chanel eine Stilikone mit einer
facettenreichen Persönlichkeit und einem vielschichtigen Charakter, der sich im Laufe ihres Lebens immer wieder neu wandelt und formt.

Glück und Sinn ihres Lebens bestand für Coco Chanel im Kreieren ihrer Modelle. So stand sie bis zum letzten Tag im Atelier und verstarb mit 87 Jahren am
10. Januar 1971 in Paris.

 

Susanne Preiß

 



 

September / Oktober 2019

Fioly Bocca

Das Glück am Ende des Weges

 

Ein Jakobsweg–Roman

Wunderlich 2018, 230 Seiten

 
 
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Auf der Pilgerreise nach Santiago de Compostela begegnen sich Frida und Alma, zwei Frauen, die glauben, alles verloren zu haben. Seit Fridas
Ehemann Manuel verstorben ist, ist Frida nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie kann nicht mehr als ihrer Tätigkeit als Psychologin nachgehen und ist vollkommen in ihrer Trauer gefangen.

Alma, die junge Buchhändlerin wurde von ihrer großen Liebe Bruno verlassen, seitdem liegt ihr Leben in Scherben.

Doch auf dem mitunter beschwerlichen Weg werden die beiden Frauen nicht nur zu Freundinnen, sondern sie müssen auch erkennen, dass man
manchmal fortgehen muss, um bei sich selber anzukommen.

Ich habe das Buch gern gelesen, es liest sich leicht und flüssig, lässt
durchaus Raum für eigene Gedankenvor dem Hintergrund, dass es im Leben jedes Menschen Situationen gibt, in denen es kein Weiterkommen zu geben scheint.

 

Susanne Preiß  

 



 

November / Dezember 2019

Guillaume Musso

Die junge Frau und die Nacht

 

Roman

Pendo Verlag, 2019

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Der erfolgreiche, in den USA lebende Schriftsteller Thomas kehrt anlässlich einer Jubiläumsfeier seiner alten Schule, dem Saint–Exupery–College nach Antibes an der Côte d’Azur zurück. Vor 25 Jahren verschwand auf
mysteriöse Weise seine große Liebe Vinca Rockwell spurlos. Nun scheint die Vergangenheit Thomas und seinen Freund Maxime wieder einzuholen.
Die beiden begingen damals aus Not, Verzweiflung und wilder Eifersucht ein grausames Verbrechen, mussten mit der immensen Schuld leben und
müssen nun feststellen, dass jemand hinter ihr Geheimnis gekommen ist. Dieser jemand will nur eines: Rache – und schreckt scheinbar vor nichts zurück.

Nun beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Thomas und Maxime müssen herausfinden, warum die 19–jährige Vinca damals das Internatsgelände verlassen hat.

Mitreißend, lebendig und detailreich führt Musso den Leser durch diese puzzleartige Geschichte. Die Charaktere sind komplex und facettenreich, zahlreiche Zeitebenen und Rückblenden geben dem Leser wertvolle Informationen. Um die Spannung zu halten, wird die Story ständig geschüttelt, vermeintliche Puzzleteile die zueinander zu gehören zu scheinen, driften im nächsten Kapitel schon wieder auseinander.

Stimmige Mischung aus Krimi, Drama und Roman, spannend verwobener Erzählstrang.

 

Susanne Preiß

 

 


 

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