Auferstehung im Autokino

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„Ich bin es wirklich leid, dass ich mich nicht mit anderen treffen kann, so wie ich will!

Aber wem erzähle ich das: Es geht ja den meisten von uns so.

Über die Osterfeiertage war besonders die Frage, wie können wir uns treffen, ohne uns zu treffen. Online klar, aber ehrlich gesagt: Das ist höchstens ein kleiner Trost. Für mich zumindest.

Also Autogottesdienst!

Aber wer soll da hinkommen? Und ist es nicht wahnsinnig komisch, dass ich beim Beten in ein Meer von Autofrontscheiben schaue?

Aber diese Ostern habe ich keine Alternative gehabt. Wenn eh alles anders ist, dann eben Autogottesdienst, immerhin sehe ich da mal andere Leute.

Ich komme also da an. Das Autokino ist ein abgesperrter Parkplatz auf dem verwaisten Messegelände in Düsseldorf. Vor einer riesigen Kinoleinwand steht eine Klappbühne, ein Toilettencontainer und ein Bierwagen.

Es ist kalt und sehr windig.

Mein Kollege ist schon da, als ich ankomme. Den schwarzen Talar hat er bereits an. Er sichert gerade das Rednerpult mit Gewichten, damit es nicht dauernd umfliegt. Sein Talar, die Tischdecke, seine Frisur, alles flattert im Wind. Die Bühne hat keine Rückwand. Es zieht also wie Hechtsuppe.

Auf dem improvisierten Altar ist ein Strauß Tulpen, der so aussieht, als hätte ihn kurz vorher noch schnell jemand bei der Tanke gekauft.

Der Pianist befestigt seine Noten mit Gaffatape am Notenständer. Der Sänger sucht noch schnell die Noten auf seinem Smartphone zusammen und der Techniker kämpft mit den Kabeln. Er soll alles was auf der Bühne passiert, per Radiofrequenz in die Autos übertragen. Alle frieren.

Und trotzdem: Die Stimmung ist irgendwie gut. Endlich wieder andere Menschen. Endlich was tun. Ein bisschen Ostergemeinschaft in dieser verrückten Situation.

Dann noch letzte Absprachen, Soundcheck, und dann fahren auch schon die ersten Autos auf den Parkplatz. Die Reihen füllen sich. Fensterscheiben öffnen sich, Hände winken heraus. Manche steigen aus und rufen aus der Ferne: „Frohe Ostern!

Es sind viele. Damit habe ich echt nicht gerechnet.

Dass man sich auf einem Parkplatz so verbunden fühlen kann.

Aber so ist das: Wenn man etwas lange nicht hat, dann ist das erste Mal meistens überraschend gut. Das was fehlt, ist plötzlich da. Für einen Moment nur, aber in diesem Moment fühlt sich das neu gewonnene Leben zusammen mit den anderen richtig gut an. Ostern eben. Aufstehen und was Neues machen.“

Dieser Beitrag erschien am 8.5.2020 bei Kirche im WDR. Autorin: Judith Uhrmeister