Wer bin ich

„In seinem Buch „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ nimmt uns der Philosoph Richard David Precht mit auf eine spannende Reise zu den großen Fragen des Lebens. Besonders geht es hier um den Menschen, um Fragen wie: Woher weiß ich eigentlich, wer ich bin? Wer definiert mich und mein Leben?

Und diese Fragen treiben natürlich auch mich um. Und wenn ich nun andere danach frage, wer ich bin, fallen die Antworten doch sehr unterschiedlich aus.

So sagt zum Beispiel die Polizei: Sie hat keine Vorstrafen, ist nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die Punkte in Flensburg sind schon lange vergessen. Eine unbescholtene Bürgerin also, mit weißer Weste.

Meine Hausärztin sagt: Sie könnte sich etwas mehr bewegen, was für ihren Rücken tun. Schließlich ist sie groß und da sind die Rückenschmerzen quasi vorprogrammiert. Vielleicht etwas weniger Süsskram und dafür mehr Obst und sie muss etwas für ihren Eisenhaushalt tun.

Mein Chef sagt: Sie ist eine tolle Pfarrerin, zuverlässig und fleißig. Schön, dass sie da ist. Mit den Kollegen kommt sie gut aus und gerade jetzt in der Zeit der Pandemie hat sie viele kreative Ideen, um das Wort Gottes zu den Menschen zu bringen.

Meine Gemeinde sagt: Sie ist engagiert und hat ein offenes Ohr. Sie spricht laut und deutlich und man kann ihr gut zuhören. Sie bringt frischen Wind in die Gemeinde und sie predigt so ganz anders als ihre Kolleginnen und Kollegen, was jedoch ganz ohne Wertung gemeint ist.

Meine Mutter sagt: Sie ist sehr zuverlässig und das, was sie sagt, steht. Dennoch sollte sie mehr auf sich achten. Ihre Ziele nicht aus den Augen verlieren und glücklich werden. Sie sollte die kritischen Stimmen um sie herum zwar hören, aber diese Kritik nicht so nah an sich heranlassen.

Mein Partner sagt: Sie gibt mir Halt. Sie ist für mich da und kümmert sich, wenn etwas ist. Sie ist klug, ein bisschen chaotisch und sehr witzig. Sie mag es gern gemütlich und ich bin froh, dass ich sie habe.

Und ich frage mich abschließend: Was sagt Gott eigentlich darüber, wer ich bin?

Gott sagt: Ich kannte dich schon, als dich noch kein anderer kannte. Ich habe dir meinen Atem eingehaucht und dich bei deinem Namen gerufen. Ich habe deinen Namen in meine Hände geschrieben und dir gesagt: Du bist mein. Ich vergesse dich nicht. Ich habe dir meinen Geist gegeben, damit du dich nicht fürchten musst, sondern stark und besonnen bist. Du gehörst zu meinem Volk. Du bist getauft auf den Namen meines Sohnes und eingeladen, seinen Spuren zu folgen. Falls dich wieder jemand fragt Wer bist du?, dann sag ihnen: Ich bin Gottes geliebtes Kind.“

Dieser Beitrag erschien am 18.5.2020 bei Kirche im WDR. Autorin: Laura Kadur