Unser Buchtipp November 2021
Die Überlebenden
Alex Schulmann, Dtv Literatur, 304 S. 22,00 Euro
In seinem Debütroman erzählt Alex Schulmann aus der Perspektive des mittleren Bruders Benjamin auf zwei Zeitebenen eine zutiefst emotional aufwühlende Familiengeschichte. Der eine Erzählstrang beginnt am See, als sich nach 20 Jahren die fremd gewordenen Brüder am Ort ihrer Kindheit treffen, um den letzten Wunsch der Mutter zu erfüllen … ihre Asche im See zu verstreuen.
Der erwachsene Benjamin erzählt in kleinen Schritten rückwärts, was sich in den vorangegangenen Stunden ereignet hat. Der andere Erzählstrang beginnt in der Kindheit der drei Brüder, in einem Sommer am See. Benjamin ist 9 Jahre alt, sein kleiner Bruder Pierre zwei Jahre jünger, der ältere Bruder Nils vier Jahre älter.
Beide Eltern nehmen ihre Verantwortung für ihre Kinder nur unzureichend wahr, die Brüder sind den Launen und der mangelnden Fürsorge hilflos ausgeliefert und doch hungern und buhlen sie um Liebe und Aufmerksamkeit. Besonders unter Alkoholeinfluss sind beide Eltern unberechenbar und unerreichbar für ihre Kinder.
Die Entfremdung der erwachsenen Brüder entschlüsselt der Roman am Ende durch ein gewaltiges familiäres Trauma, das nie besprochen, geschweige denn aufgearbeitet wurde. Die gemeinsame lange Fahrt im Auto durch die raue wilde Landschaft Schwedens zurück an den See ihrer Kindheit, lässt die Brüder es wagen sich gemeinsam der Vergangenheit zu stellen.
Atmosphärisch dicht, zutiefst berührend und aufwühlend, intensiv und präzise erzählt.
Susanne Preiß
Quelle Cover: dtv Verlag