Gebet für den Frieden in der Ukraine

Voll Schrecken und Sorge schauen wir auf die Situation in der Ukraine. „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein“, hat die 1. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 bekannt. Nun erleben wir, dass mitten in Europa wieder Krieg ist und Diplomatie ihre Grenzen erfährt. Und wir erleben eine Ohnmacht angesichts der fortschreitenden militärischen Aggression seitens der russischen Regierung, die wir in den letzten Wochen miterleben müssen.
Als Christinnen und Christen erinnern wir an die Hoffnung, dass Christus uns entgegen den Erfahrungen von Krieg und Gewalt in der Welt seinen Frieden zusagt: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,27).
Aus der Kraft dieses Friedens Christi setzen wir uns konsequent für den Frieden in der Welt ein: Wir beten, demonstrieren, schweigen, engagieren uns dafür. Wir sind in Gedanken und Gebeten bei den Menschen in der Ukraine und in Russland. Wir wissen, wie Krieg das Leben von Menschen, Männern, Frauen und Kindern zerstört. Waffengewalt hat in den letzten Jahrzehnten nicht zu gerechten Lösungen geführt. Auch in scheinbar hoffnungsloser Situation vertrauen wir darauf, dass Gott unsere Gebete um Frieden erhört und uns die Kraft gibt, uns für Frieden zu engagieren.
Voller Dankbarkeit und zugleich Trauer schauen wir auf den langen Weg der Versöhnung seit dem Ende des 2. Weltkrieges und auf die Friedenserfahrung, die gerade für viele junge Menschen mit Europa verbunden ist. Auch jetzt halten wir an diesem Weg fest und vertrauen auf die Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens. Gerade deshalb klagen wir den Völkerrechtsbruch der russischen Regierung an.
Wenn in diesem Jahr die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen seine 11. Vollversammlung in Deutschland, Karlsruhe, abhalten wird, dann versammeln sich die Kirchen unter dem Wort: „Christi Liebe bewegt, versöhnt und eint die Welt“. Von dieser versöhnenden Liebe Christi sind auch wir bewegt – für den Frieden überall in unserer einen Welt.
„Gott,
mit Sorge schauen wir in die Ukraine und nach Russland.
Wir bitten dich für alle, die in die politischen und diplomatischen Verhandlungen involviert sind.
Wir bitten dich um Weisheit und Geduld und den unbeirrbaren Willen zum Frieden.
Wir bitten dich für die Menschen in der Ukraine, in Russland und in ganz Osteuropa:
Wo Härte und militärische Stärke vorherrschen, schaffe du, Gott, dir Raum mit deiner Sanftheit und Güte und der Liebe zum Kleinen und Schwachen.
Wo Angst und Misstrauen sind, schaffe dir Raum mit deiner Großzügigkeit, mit der Hoffnung und dem Vertrauen.
Wo vergangene Ereignisse und Entfremdung Wunden geschlagen haben, da schaffe dir Raum mit deinem heilsamen Geist der Versöhnung.
Schaffe dir Raum, Gott, und deinem Shalom, deinem Frieden, der alle Menschen sieht und allen gilt. Amen.“
Gott segne und stärke alle, die auf dem Weg des Friedens sind und sich für Versöhnung einsetzen. Und Gott lasse unsere Gemeinden ein Ort sein, an dem andere etwas von Christi Frieden als Hoffnung für unsere Welt erfahren können.
Dr. Thorsten Latzel, Präses